Die Französischen Filmtage zu Gast in der Matinée „Mein Lieblingsfilm“ – am 15. Juni 2025 im Kino Museum mit GAGARINE
Einmal im Monat präsentieren im Kino Museum auf Einladung prominente und interessante Persönlichkeiten aus der Region einen Film, der für sie eine besondere Bedeutung hat. Vor jeder Filmvorführung findet ein kurzes Gespräch statt, moderiert von der ehemaligen TAGBLATT-Redakteurin Ulla Steuernagel. In lockerer Atmosphäre berichten die Gäste über ihre Wahl und ihre persönliche Geschichte dahinter.
Am Sonntag, 15. Juni 2025 präsentiert Lisa Haußmann, neue künstlerische Leiterin der Französischen Filmtage, den Filmtage-Preisträger des Internationalen Wettbewerbs 2020: GAGARINE. Sie stellt sich dem Tübinger Publikum vor, spricht über Filme, die zum Träumen und Aufwachen einladen und gibt erste Einblicke in das Profil der diesjährigen Festivalausgabe.
Wann & Wo
Sonntag, 15. Juni 2025, 11.00 Uhr
Kino Museum (Saal Arsenal)
Tickets unter
https://tuebinger-kinos.de/filmreihe/mein-lieblingsfilm/
GAGARINE
Regie: Fanny Liatard & Jérémy Trouilh | FR 2020 | 98 min | frz. Original mit dt. Untertiteln
mit: Alseni Bathily, Lyna Khoudri, Jamil McCraven, Finnegan Oldfield, Farida Rahouadj, Denis Lavant, u. a.
Sozialrealismus trifft magischen Realismus
Youri ist 16 Jahre alt, Raumfahrtfan und in der Cité Gagarine zu Hause. In der nach Kosmonaut Juri A. Gagarin benannten Hochhaussiedlung in Ivry-sur-Seine ist er die gute Seele. Als die Stadt plant, die Siedlung abzureißen, formiert sich Widerstand. Youri ist mit seinen Freund:innen Houssam und Diana vorne mit dabei. Doch trotz aller Bemühungen gelingt es nicht, den Abriss zu verhindern. Schon bald ziehen die ersten Familien weg, immer mehr Wohnungen stehen leer. Nur Youri kann nicht gehen. Seit seine Mutter bei ihrem neuen Partner lebt, gibt es für ihn keinen anderen Ort. Im Kampf gegen die Einsamkeit träumt sich Youri zu den Sternen, in einen schwerelosen Raum. Und so verwandelt er die leerstehende Cité in ein riesiges Raumschiff – das für ihn um Hilfe ruft, eine Gemeinschaft an sich selbst erinnert und Yuri zu einem Planeten bringt, auf dem es Trost und neue Hoffnung gibt.
Fanny Liatard und Jérémy Trouilh arbeiteten bereits 2014 an einem Kurzfilmporträt über die Bewohner:innen der Cité Gagarine. 2019 kehrten sie für ihr Langfilmdebüt zurück. Geschaffen haben sie einen Film über Heimat- und Gemeinschaftsverlust, der sich jeder Genrezuschreibung entzieht: Milieustudie mit Coming-of-Age-Note, Archivaufnahmen aus der Blütezeit der Cité und Science-Fiction-Elemente verschmelzen miteinander. Elektronisch-atmosphärische Musik wird von eingängigen Liedern abgelöst, Sozialrealismus von träumerischer Weltraum-Ästhetik. Erzählt wird aus der Perspektive eines Jugendlichen, der den Ort seiner Kindheit verliert – selbst wenn er ihr viel zu schnell entwachsen musste. Sein Blick – eingefangen durch sein Teleskop – lässt dabei gelebte und geträumte Utopie sichtbar werden: Mal sehnt er sich zum Kosmos, ganz weit weg; mal rückt er Bilder vor das Objektiv, die mit Feingefühl vom Alltag in der Nachbarschaft erzählen. Auf diese Weise setzt der Film ein Denkmal, das nicht nur eine Gemeinschaft verewigt, sondern auch an die Idee sozialen Wohnens appelliert.
